1070 Forschen mit Fred

Naturwissenschaftliche Bildung im Kindergarten 8 © Finken-Verlag · www.finken.de Mitte der 90er Jahre wurden in Kindergärten Untersuchungen zum Interesse der Kinder am naturwissenschaftlichen Experimentieren und zur Erinnerungsfähigkeit an die Deutung der Experimente durchgeführt: Kinder wollen die Natur erkunden Es zeigte sich, dass etwa 70 % der Kinder – trotz konkurrierender Angebote – freiwillig über etwa zehn Wochen an Experimentier-Angeboten (einmal pro Woche für 20 Minuten) teilnahmen. Ein Ergebnis, das mit den Vorlieben der Kinder für Naturwissenschaftssendungen in Einklang steht! Kinder erinnern sich noch lange detailgenau Wie aber ist die kognitive Leistung der Kinder in Bezug auf die Deutung der Naturphänomene? Sind sie – wie Piaget folgerte – tatsächlich noch zu jung für kausale Begründungen? Warum stellen sie dann aber die für dieses Alter so charakteristischen Warum-Fragen? Ist es sinnvoll, dass Kinder diese Fragen stellen, wenn sie eigentlich noch nicht in der Lage sind, die Antworten zu verstehen, oder ist es eine Annahme der Erwachsenen, dass Kinder noch zu klein für naturwissenschaftliche Deutungen sind, um sich der Antwort entziehen zu können? Im Rahmen der Studie wurden die kognitiven Fähigkeiten der Kinder über ihre Erinnerungsfähigkeit an die Experimente und ihre Deutungen per Einzelinterview ermittelt. Dazu wurde ein bewusst langer Zeitraum zwischen Experiment und Befragung gewählt (etwa sechs Monate nach dem ersten Experiment und drei Monate nach dem letzten), um auszuschließen, dass die naturwissenschaftlichen Erklärungen von den Kindern lediglich rekapituliert wurden. Auch hier waren die Ergebnisse überraschend gut: An rund die Hälfte der Experimente und ihre Deutung konnten sich die Kinder – z. T. mit ein wenig Hilfestellung – erinnern! Dieses gute Ergebnis zeigte sich über alle sozialen Schichten hinweg: Auch Kinder aus einem weniger privilegierten Umfeld zeigten vergleichbar gute Ergebnisse wie Kinder, die aus einem bildungsnahen Umfeld stammen. Bietet sich hier nicht die Möglichkeit zu einer Chancengleichheit auch für diejenigen, die sonst nicht so leicht an Bildung teilhaben können? Gerade die PISA-Ergebnisse 2001 bescheinigen Deutschland einen erheblichen Nachholbedarf, was die Förderung von Lernenden mit bildungsfernem familiärem Hintergrund betrifft. „Was Hänschen lernt …“ Die Frage, wie lange sich eine frühe Heranführung an Naturphänomene auf das spätere Leben auswirkt oder ob sogar die Berufswahl dadurch beeinflusst wird, lässt sich nur schwer wissenschaftlich untersuchen. Eine entsprechende Langzeituntersuchung müsste über mindestens zehn Jahre durchgeführt werden und wäre damit enorm kostenintensiv. Bislang liegen nur indirekte Untersuchungen zur Langzeitwirkung vor: Dazu wurde ein großer Teil der Chemie-Studienanfänger des Jahres 2000 befragt. Von diesen gaben 22% an, dass sie sich für Chemie entschieden hätten, weil sie als Kind schon an die Phänomene herangeführt worden seien. Diese Tatsache ist den Studienanfänger*innen noch 15 Jahre später gut in Erinnerung.

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