© Finken-Verlag · www.finken.de 11 Sprachwissen, Lernerfahrungen und -strategien) und die Gelegenheiten bzw. der Zugang zur Zweitsprache (vgl. Grießhaber 2010, Jeuk 2010). Dabei sind die Lerngelegenheiten ein wichtiger Faktor, denn sie entscheiden darüber, ob ein Kind ausreichend Kontakt zur Zweitsprache Deutsch und somit überhaupt genügend Möglichkeiten hat, diese anzuwenden. Je häufiger Kinder Kontakt zur deutschen Sprache haben, desto höher sind auch ihre Kompetenzen in der deutschen Sprache (vgl. Jeuk 2010). Basisqualifikationen Im Rahmen des Zweitspracherwerbs müssen sich Lernerinnen und Lerner sprachliche Kompetenzen rezeptiver und produktiver Art aneignen. Ehlich /Bredel /Reich (2008) gehen dabei von sechs Entwicklungsbereichen aus, die sie als Basisqualifikationen bezeichnen: Phonische Basisqualifikationen (BQ) Diese umfassen „die Wahrnehmung, Unterscheidung und Produktion von Lauten, Silben und Wörtern sowie die Erfassung und zielsprachliche Produktion von übergreifenden intonatorischen Strukturen (z. B. Wort und Äußerungsprosodie).“ (Ehlich /Bredel /Reich, 2008, S. 19). Sie sind grundlegend für die kindliche Sprachentwicklung im Mündlichen. Haben DaZKinder frühzeitig umfassenden Kontakt zur deutschen Sprache, können sie ihre phonischen Fähigkeiten bis zum Ende des dritten Lebensjahres vollständig ausbilden. (vgl. Falk /Bredel/Reich 2008, S. 37). Kommt die Zweitsprache Deutsch erst später hinzu und ist der Sprachkontakt geringer, so muss mit einer langsameren Entwicklung und mit stärkeren Einflüssen aus der Erstsprache gerechnet werden. Es kann zu Interferenzen zwischen beiden Lautsystemen kommen, d. h. Sprachlaute aus der Erstsprache werden in die Zweitsprache eingefügt und Sprachlaute aus dem Deutschen weggelassen. Pragmatische BQ Sie beinhalten die Fähigkeit, sich in kommunikativen Interaktionen sprachlich angemessen zu verhalten, d. h. über passende Sprachhandlungsmuster zu verfügen. Dazu sind Kinder auf vielfältige Sprechhandlungen innerhalb und außerhalb der Familie angewiesen. Die basale Fähigkeit zum kommunikativen Handeln ist also Teil des Erstspracherwerbs. Für die Zweitsprache ist nun vor allem relevant, über welche sprachlichen Mittel (z. B. Wortschatz, Wortbildung, syntaktische Mittel) ein Kind in dieser Sprache verfügt, um sich zu verständigen. Semantische BQ Hierzu zählen der Aufbau eines passiven und aktiven Wortschatzes sowie die Differenzierung des Wortschatzes auf der Ebene der Wortbedeutungen und der Wortbildung. Die Bedeutungsentwicklung ist bei zweitsprachigen Kinder abhängig von der Intensität und Qualität des Sprachkontaktes. Bei lückenhaftem Wortschatz entwickeln Kinder oftmals Kompensationsstrategien. Dazu gehören Wortneuschöpfungen wie Pferdesitz statt Sattel (Neologismen), Wortwiederholungen (Paraphrasierungen) und Überdehnungen, bei denen ein Obergriff (z. B. gehen) für alle Unterformen verwendet wird. (vgl. Komor/Reich 2008, S. 53, Rösch 2003, S. 16 f.)
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