8 © Finken-Verlag · www.finken.de Klarheit zu erlangen, um z. B. in Dokumenten, im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen und in Elterngesprächen in seinen Aussagen eindeutig zu sein. Gleichzeitig wissen wir, dass eine solche begriffliche Klarheit nicht nur bei Laien, sondern auch in der Fachliteratur nicht immer gegeben ist, daher sollen diese Erläuterungen ✱ Ihnen helfen. ✱ Erstsprache ist die Sprache, die ein Kind als erstes, also von Geburt an erwirbt. Der primäre Erstspracherwerb ist in der Regel mit drei bis vier Jahren abgeschlossen. D. h. aber nicht, dass Kinder nach dem vierten Lebensjahr nicht noch weitere Sprachentwicklungsschritte durchlaufen (siehe dazu auch Rank/Wildemann 2014). In der Literatur wird der Begriff Muttersprache teilweise synonym verwendet, aber auch kritisiert, da er suggeriert, dass ausschließlich die Mutter den kindlichen Spracherwerb prägt. Die Bezeichnung Erstsprache impliziert hingegen, dass weitere Sprachen folgen können. ✱ Als Zweitsprache bezeichnet man die Sprache, die zeitlich nach der Erstsprache erworben wird, also nach dem primären Erstspracherwerb. Der Zweitspracherwerb erfolgt vor allem ungesteuert, also im Alltag der Kinder und nicht schulisch. Die Bezeichnung „Schüler/innen mit nichtdeutscher Muttersprache“ kommt in diesem Zusammenhang auch vor, wird aber äußerst kritisch gesehen, da sie, besonders von den Betroffenen, als stigmatisierend erlebt wird. ✱ Als Seiten- oder Quereinsteiger bezeichnet man im deutschen Schulsystem Schülerinnen und Schüler mit geringen oder keinen Deutschkenntnissen, die zuvor keine deutsche Institution (Kindergarten oder Schule) besucht haben. Mehrheitlich handelt es sich dabei um Flüchtlinge. Die besondere Sprachlernsituation von Seiteneinsteigern wird u.a. in Band 5 dieser Reihe thematisiert. ✱ In der Literatur findet sich auch immer wieder der Begriff Herkunftssprache, der jedoch nicht mehr eindeutig ist, da er sich eher auf die ursprüngliche, geografische Herkunft der Familie – oft der Großelterngeneration – als auf die unmittelbare des Kindes bezieht. Dennoch gibt es in den Bundesländern Herkunftssprachenunterricht, wie z. B. Türkisch, Russisch oder Kurdisch. ✱ Vor allem in der Fremdsprachendidaktik wird außerdem der Begriff der Tertiärsprache verwendet. Es ist die dritte Sprache, zumeist eine schulische Fremdsprache, die zu den ersten beiden Sprachen hinzukommt. Verwendet werden daher auch die Abkürzungen L1 für Erstsprache, L2 für Zweitsprache und L3 für die dritte Sprache. ✱ Eine Fremdsprache wird in einem institutionalisierten Kontext erworben, d. h. sie wird unterrichtlich vermittelt. Ahrenholz weist aber zu Recht daraufhin, dass besonders die Erwerbssituation von neu zugewanderten Kindern, die zum Teil zunächst in separaten Sprachkursen unterrichtet werden, stark dem herkömmlichen Fremdsprachenunterricht gleicht (vgl. Ahrenholz 2014a, S. 7) ✱ Kinder, die mit zwei Sprachen aufwachsen, bezeichnet man als bilingual. Geschieht dies von Geburt an, spricht man auch von einem bilingualen Erstspracherwerb, d. h. jede der beiden Sprachen hat den Status einer Erstsprache.
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